Reparaturverfahren (LE)


Inhaltsverzeichnis

  1. Definition
  2. Beispiele
  3. Verwandte Begriffe
  4. Relevanter Wissensrahmen (Frame)

Definition


Reparaturverfahren bezeichnen die Praxis der Durchführung einer Reparatur durch einen Gesprächsteilnehmer in einer Kommunikationssituation. Dabei korrigiert oder reformuliert einer der Gesprächspartner einen in der Interaktion auftretenden Ausdruck, der fehlerhaft und somit reparaturbedürftig erscheint, und versucht so, das problematische Gesprächselement zu bearbeiten und Fehler zu beheben.

Reparaturverfahren sind notwendig, da es in der gesprochenen Sprache immer wieder zu Störungen oder Fehlern kommt, die im Verlauf der Interaktion repariert werden müssen. Dabei kann es sich um Fehler auf allen Ebenen der Kommunikation handeln. Mithilfe von Reparaturverfahren können grammatische, lexikalische oder syntaktische Fehler ausgeglichen, aber auch inhaltliche Aussagen richtiggestellt oder Verständnisprobleme sowie Wortfindungsstörungen behoben werden.

Reparaturverfahren können auf verschiedene Art und Weise initiiert und durchgeführt werden. Man unterscheidet daher zwischen selbstinitiierter Selbstreparatur, fremdinitiierter Selbstreparatur, selbstinitiierter Fremdreparatur und fremdinitiierter Fremdreparatur. Der fehlerhafte oder problematische Ausdruck liegt jedoch immer im Redebeitrag des aktuellen Sprechers.

Bei der selbstinitiierten Selbstreparatur leitet der Gesprächsteilnehmer, der den Fehler oder die Problemquelle verursacht hat, die Reparatur selbst ein. Anschließend führt er diese im Gesprächsbeitrag selbst aus und korrigiert sich oder formuliert den fehlerhaften Ausdruck neu. Diese Art des Reparaturverfahrens kann vorliegen, wenn der Sprecher einen Fehler in seinem Gesprächsbeitrag bemerkt und diesen mit einer Reparatur beheben will oder aber der Meinung ist, sein Gesprächspartner habe einen Teil seiner Äußerung nicht verstanden. Mithilfe einer Reparatur kann er sich das Verständnis des Rezipienten sichern und Verstehensproblemen vorbeugen, indem er beispielsweise die problematische Äußerung mit anderen Worten beschreibt oder spezifiziert.

Bei der fremdinitiierten Selbstreparatur wird die Reparatur vom Hörer herbeigeführt. Als Reaktion auf die Reparaturinitiierung durch den Hörer führt der Sprecher, der den Fehler verursacht hat, die Reparatur selbst aus. Der Hörer kann mit einer Reparaturinitiierung signalisieren, dass der Sprecher etwas Falsches gesagt hat oder aber, dass auf Seiten des Rezipienten akustische oder inhaltliche Verständnisprobleme vorliegen. Hat der Hörer den Gesprächsbeitrag des Sprechers falsch oder überhaupt nicht verstanden, initiiert er eine Reparatur, in der der Sprecher den problematischen Ausdruck verdeutlicht.

Die selbstinitiierte Fremdreparatur wird vom Sprecher selbst initiiert und im Folgenden von seinem Gesprächspartner durchgeführt, der den fehlerhaften oder problematischen Ausdruck des Sprechers in seinem Redebeitrag berichtigt.

Die fremdinitiierte Fremdreparatur wird vom Adressaten, also dem Gesprächsteilnehmer, der die Problemquelle nicht ausgelöst hat, initiiert und ausgeführt. Dieser korrigiert oder berichtigt den Sprecher mit seiner Reparatur und ersetzt den fehlerhaften Ausdruck durch den reparierten oder neu formulierten Ausdruck.

Die Einleitung von Reparaturverfahren (Reparaturinitiierung) kann durch einen Abbruch der aktuellen Äußerung, Lautdehnung oder Verzögerungen erfolgen. Füllwörter wie „äh“, „ähm“, „eh“, lexikalische Mittel wie „ich meine“, „oder“, „du meinst“, Fragewörter wie „Was?“, „Wer?“, „Bitte?“ oder Teilwiederholungen der problematischen Äußerung kündigen ein bevorstehendes Reparaturverfahren an.

Selbstreparaturen treten aufgrund unseres Höflichkeitsverhaltens sehr viel häufiger auf als Fremdreparaturen. Bevor der Hörer den Sprecher berichtigt, gibt er ihm zunächst die Gelegenheit zur Selbstreparatur, damit dieser sich nicht bevormundet oder unterlegen fühlt. Fremdinitiierungen führen daher häufig zu Selbstkorrekturen. Fremdreparaturen treten meist in Konfliktgesprächen auf.

Neben der Form der Initiierung und der Durchführung unterscheidet man weiterhin zwischen verschiedenen Techniken, mit denen ein Reparaturverfahren ausgeführt werden kann: Ersetzung, Einfügung, Tilgung, Umordnung, Satzartwechsel, Parenthesen und Suche.

  • Ersetzung: ein Gesprächselement wird gegen ein anderes ausgetauscht
  • Einfügung: ein Gesprächselement wird hinzugefügt
  • Tilgung: ein Gesprächselement wird gelöscht
  • Umordnung: ein angefangener Redebeitrag wird abgebrochen, um einen weiteren Beitrag zu formulieren, anschließend wird der ursprüngliche Beitrag wieder aufgenommen
  • Satzartwechsel: beispielsweise Umformulierung eines Aussagesatzes zu einer Frage
  • Parenthese: Äußerungseinheit, die eingeschoben wird, um Verstehensproblemen entgegenzuwirken
  • Suche: Suche nach dem passenden Wort

Beispiele


Datei: File:Selbstinitiierte Selbstreparatur Transkriptbeispiel Solo (81-82).PNG nicht gefunden

Der Sprecher bricht seine Äußerung ab, kündigt mit dem Füllwort „äh“ ein bevorstehendes Reparaturverfahren an und ersetzt dann das Gesprächselement „neue“ gegen das Gesprächselement „alte“.

Fremdinitiierte Selbstreparatur Talkshow (bis 1016).PNG

Fremdinitiierte Selbstreparatur Talkshow (bis 1016).PNG

Die Reparatur wird durch die Nachfrage des Hörers „das müssen sie nochmal erklären“ eingeleitet, die auf Verständnisprobleme hindeutet. Im Folgenden führt der Sprecher die Reparatur aus, indem er das zuvor Gesagt nochmals in anderen Worten erklärt.

Reparatursequenz Transkriptbeispiel Talkshow (Segment 774-788).PNG

Reparatursequenz Transkriptbeispiel Talkshow (Segment 774-788).PNG

Die Wortfindungsstörungen des Sprechers führen hier dazu, dass die Reparatur vom Hörer durchgeführt wird, der hier ein passendes Wort, „investieren“, vorschlägt. Die Wiederholung durch den Sprecher bestätigt die Reparatur.

Fremdinitiierte Fremdreparatur Talkshow (865-874).PNG

Fremdinitiierte Fremdreparatur Talkshow (865-874).PNG

Die Reparatur wird hier vom Hörer mit dem Ausdruck „Nein“ eingeleitet. Im Folgenden berichtigt der Hörer das vom Sprecher Gesagte, da dieser etwas inhaltlich Falsches gesagt hat.

Verwandte Begriffe


Relevanter Wissensrahmen (Frame)


Reparaturverfahren (LE) evoziert den Reparaturverfahren-Frame.

In der Definition wurden die folgenden Frame-Elemente verwendet:

GESPRÄCHSPARTNER_1 (verwendet als „Sprecher“)

GESPRÄCHSPARTNER_2 (verwendet als „Rezipient“)

GESPRÄCHSPARTNER

FORM_DER_INITIIERUNG (verwendet als „selbstinitiiert“ , „fremdinitiiert“)

FORM_DER_DURCHFÜHRUNG (verwendet als „Selbstreparatur“ , „Fremdreparatur“)

INITIATIONSAUSDRUCK (verwendet als „Abbruch der aktuellen Äußerung“ , „Lautdehnung“ , „Verzögerungen“)

BEZUGSAUSDRUCK (verwendet als „Ausdruck, der fehlerhaft und somit reparaturbedürftig erscheint“)

INDIKATOR (verwendet als „Füllwörter“ , „lexikalische Mittel“ , „Fragewörter“ , „Teilwiederholungen der problematischen Äußerung“)

REPARANDUM (verwendet als „reparierten oder neuformulierten Ausdruck“)

FUNKTION (verwendet als „Verstehensproblemen vorbeugen“ , „korrigiert“, „berichtigt“)

ART_UND_WEISE (verwendet als „Ersetzung“ , „Einfügung“ , „Tilgung“ , „Umordnung“ , „Satzwechsel“ , „Parenthesen“ , „Suche“)

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